Segment Deutschland

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland nimmt Fahrt auf. Nach der elektronischen Patientenakte, die bis Anfang 2021 für alle Versicherten verfügbar sein soll, will das Bundesgesundheitsministerium auch die Tele­medizin zügig voranbringen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das E-Rezept: Die elektronische Verschreibung ermöglicht Innovationen in der telemedizinischen Behandlung. Auf der Grundlage neuer Regelungen sollen in der Arzneimittel­versorgung auch Verordnungen in digitaler Form verwendet werden können.

Marktumfeld

Marktwachstum in Deutschland 1
Europas grösster Medikamentenmarkt Deutschland stieg 2018 um rund 6 Prozent auf EUR 43.9 Mrd. Der Marktanteil der Apotheken beläuft sich auf 86 Prozent; 14 Prozent des Umsatzes werden über Spitäler und Kliniken generiert. Der Apothekenumsatz mit rezeptpflichtigen Arznei­mitteln (Rx) stieg 2018 um 5.5 Prozent auf EUR 30.8 Mrd., im Bereich der rezeptfreien Arznei­mittel (Over the Counter, OTC) erhöhte er sich um 3.4 Prozent auf EUR 5.1 Mrd. Im Apothekenkanal beträgt der Rx-Versandanteil knapp 1 Prozent, während sich der OTC-Versandanteil auf 17.9 Prozent beläuft. Der gesamte Versandumsatz legte 2018 um 5.5 Prozent auf EUR 1.2 Mrd. zu. Auf das OTC-Segment entfallen 76 Prozent des Versandumsatzes – deutlich mehr als auf das Rx-Geschäft. Der OTC-Versand verbuchte eine Steigerung von 8.1 Prozent, während der Rx-Versand um 1.6 Prozent zurückging.

1 IQVIA™ Marktbericht, Entwicklung des deutschen Pharmamarktes im Jahr 2018

 

Koalitionsvertrag in Deutschland
Der Koalitionsvertrag der Parteien CDU / CSU und SPD vom 12. März 2018 beinhaltet eine Absichtserklärung zur Umsetzung eines Verbots des Versand­handels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (Rx). Gestützt auf Gutachten und Aussagen vorheriger Bundesregierungen ist die Zur Rose-Gruppe nach wie vor überzeugt, dass dieses Vorhaben verfassungswidrig und europarechtlich inkompatibel ist. Mehrere Parteien, Sachverständige sowie Verbände haben sich öffentlich gegen ein Rx-Versandverbot ausgesprochen.

Am 11. Dezember 2018 präsentierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen alternativen Vorschlag zum Rx-Versandverbot. Dieser sieht vor, dass der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Deutschland und die Gewährung von Boni durch EU-ausländische Versandapotheken auch in Zukunft erlaubt sind. Die Zur Rose-Gruppe begrüsst diesen Vorschlag, der den Patienten weiterhin die Wahlfreiheit bezüglich des Bezugskanals ermöglicht. Als Reaktion auf die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums legte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) an ihrer Mitgliederversammlung vom 17. Januar 2019 einen Beschluss vor, in dem sie nun der Forderung nach der Gleichpreisigkeit den Vorrang vor dem Versand­handels­verbot einräumte. Die Zur Rose-Gruppe beobachtet die weitere Entwicklung und analysiert alle Vorschläge, um gegebenenfalls notwendige Massnahmen einzuleiten.

Telemedizin
Am 10. Mai 2018 beschloss der Deutsche Ärztetag die Liberalisierung der Fernbehandlung und machte somit den Weg frei für den Ausbau der Telemedizin in Deutschland. Künftig sollen eine Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien auch ohne persönlichen Erstkontakt im Einzelfall erlaubt sein, wenn diese ärztlich vertretbar sind und die ärztliche Sorgfalt gewahrt wird. Patientinnen und Patienten müssen zudem über die Besonder­heiten des rein telemedizinischen Kontakts aufgeklärt werden. Damit könnte die Telemedizin in Deutschland einen Schub erhalten, weil rechtliche Grau­zonen beseitigt werden und Ärzte mehr Handlungsspielraum erhalten. Bis Ende 2018 hat bereits knapp die Hälfte aller Landesärztekammern die neue Regelung in ihre rechtsverbindlichen Berufsordnungen übernommen und von den zu­ständigen Aufsichtsorganen genehmigt bekommen. Die Themen Verordnung und Überweisung im Rahmen der Telemedizin wurden zur weiteren Diskussion an den Vorstand des Ärztetages verwiesen. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn macht allerdings erst das elektronische Rezept die Telemedizin zu einem Erfolgsprojekt.

Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung
Im Referentenentwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arznei­mittelversorgung (GSAV) des Bundesministeriums für Gesundheit vom 14. November 2018 wird festgehalten, dass die elektronische Verordnung (E-Rezept) Innovationen in der telemedizinischen Behandlung ermöglicht und zur Entlastung von Ärztinnen und Ärzten, Apothekerinnen und Apothekern sowie Patientinnen und Patienten in Deutschland beitragen soll. Daher wird die Selbstverwaltung, bestehend aus den gesetzlichen Krankenkassen und der kassenärztlichen Vereinigung, verpflichtet, die notwendigen Rege­lungen für die Verwendung des E-Rezepts zu schaffen. Es sollen insbesondere die Rege­lungen angepasst werden, die bislang die Verordnung von Arzneimitteln ausschliesslich in Papierform vorsehen. Hierfür setzt das Ministerium eine Frist von sieben Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes. Die Gesetzesänderung soll laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spätestens im Jahr 2020 greifen. Auf der Grundlage der neuen Regelungen sollen in der Arznei­mittel­versorgung auch Verordnungen nur in elektronischer Form verwendet werden können. Dadurch können Projekte auch mit alternativen technischen Lösungen bereits vor der flächendeckenden Einführung elektronischer Verordnungen in der Telematikinfrastruktur durchgeführt werden.

Zudem sieht der Gesetzesentwurf vor, dass Apotheken verschreibungspflichtige Arzneimittel künftig auch nach einer offensichtlichen ausschliesslichen Fernbehandlung abgeben können – das bestehende Fernverordnungsverbot wird somit aufgehoben.Ausgestellte Rezepte, bei denen kein direkter Kontakt zwischen Arzt und Apotheker vorausgegangen ist, dürfen aufgrund einer Regelung vom November 2016 von Apotheken bislang nicht beliefert werden.

Digital Single Market Strategy
Die Akzeptanz digitaler Lösungen für Gesundheit und Pflege ist in der Europäischen Union nach wie vor gering und variiert stark in den Mitgliedsstaaten. Die Europäische Kommission bemüht sich daher, den Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu sicheren digitalen Diensten von höchster Qualität in diesen Bereichen zu bieten. Im Rahmen der Digital Single Market Strategy (DSM) soll in Europa eine digitale Service-Infrastruktur für E-Health aufgebaut werden. Bürger sollen zukünftig einen sicheren Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten haben und diese teilen können. Gesundheitsdienstleister, wie Ärzte und Apotheken, sollen in die Lage versetzt werden, diese Informationen dann EU-weit auszutauschen, um eine zielgerichtete und schnelle Forschung, Diagnose und Behandlung für die Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. Digitale Services und Daten im Gesundheitsbereich sollen den Bürgern ein selbstbestimmtes Handeln sowie eine personenzentrierte Gesundheitsfürsorge erlauben.