Interview CEO

Digitalisierung
E-Rezept
Vision Zur Rose-Ökosystem
Empowerment des Patienten
Blick in die Zukunft
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WALTER OBERHÄNSLI im Interview mit Thomas Balmer
Digitalisierung
E-Rezept
Vision Zur Rose-Ökosystem
Empowerment des Patienten
Blick in die Zukunft


Das elektronische Rezept entspricht der heutigen Lebensrealität.

Walter Oberhänsli im Gespräch über Digitalisierung im Gesundheitswesen, «Empowerment» von Patientinnen und Patienten und die Zukunft der Zur Rose-Gruppe.

Walter Oberhänsli, die Digitalisierung, die andere Branchen schon vor geraumer Zeit überrollt hat, greift zunehmend auch im Gesundheitswesen. Welche Veränderungen kommen damit auf uns zu?
— Die Digitalisierung wird das Gesundheitswesen in den kommenden Jahren durchdringen und das Verhalten der Patientinnen und Patienten verändern. Wie in anderen Branchen werden die Patienten von mehr Convenience profitieren, aber im Gesundheitswesen kommen zwei wichtige Aspekte hinzu: Zum einen wird die Behandlungsqualität massiv verbessert. Indem Medienbrüche durch das heute übliche Übertragen gesundheitsrelevanter Informationen von Papier auf EDV vermieden werden, lassen sich mögliche Wechselwirkungen jederzeit erkennen und Fehlmedikationen verhindern. Zum anderen ergeben sich daraus letztlich Kosteneinsparungen. Die Digitalisierung ist ein Rezept, um die Kosten im Gesundheitswesen zu senken.

«Die Digitalisierung ist ein Rezept, um die Kosten im Gesundheitswesen zu senken.»

Voraussetzung für eine echte Digitalisierung beim Versand von Arzneimitteln bildet das elektronische Rezept. Was leistet ein solches E-Rezept, das es so unverzichtbar macht?
— Dem elektronischen Rezept kommt in verschiedener Hinsicht eine Schlüsselrolle zu. Erstens verbessert es die Qualität des Prozesses, da wie erwähnt durch die elektronische Verarbeitung Medienbrüche vermieden werden. Zweitens erhöht es die Effizienz, weil, wie im Beispiel von Deutschland, nicht mehr 500 Millionen Rezepte pro Jahr von mehreren Personen in die Hand genommen werden müssen. Und drittens stellt es für Patientinnen und Patienten eine erhebliche Erleichterung dar. Sie können das elektronische Rezept in der nächstgelegenen Apotheke einlösen; oder sie können es einer Versandapotheke übermitteln und erhalten ihre Arzneimittel zugeschickt – genauso wie es in anderen Lebensbereichen auch der Fall ist. Das elektronische Rezept entspricht der heutigen Lebensrealität.

In Deutschland steht die Einführung des elektronischen Rezepts Mitte 2020 bevor. Wie hat sich die Zur Rose-Gruppe darauf vorbereitet?
— Gestützt auf unsere Erfahrungen in der Schweiz, haben wir frühzeitig in eine eigene E-Rezept-Technologie investiert. Die Zur Rose-Gruppe nimmt dadurch als Systemanbieterin für E-Rezept-Lösungen eine Vorreiterrolle im deutschen Markt ein. Bis Ende Juni 2020 wird die Gematik die Spezifikationen und Zulassungsverfahren für das E-Rezept schaffen. Dabei werden die Erfahrungen aus den laufenden Pilotprojekten in die Überlegungen miteinbezogen. Im Rahmen von strategischen Partnerschaften setzen wir daher technisch verschiedene E-Rezept-Pilotprojekte um und verfügen so über viele Schnittstellen zu den angebundenen Systemen und Plattformen. Damit haben wir intern und extern bereits die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um uns jederzeit reibungslos und schnell an die Telematikinfrastruktur anzubinden.

«Das Zur Rose-Ökosystem vernetzt verschiedene Angebote von Gesundheits­dienstleistern und schafft so einen Marktplatz.»

DocMorris ist in Deutschland Kooperationen mit dem Hausärzteverband und mit dem Gesundheitsunternehmen KRY eingegangen. Dabei geht es darum, den medizinischen Versorgungsprozess vollständig zu digitalisieren. Was bedeutet dies konkret?
— Im Rahmen des sektorenübergreifenden Pilotprojekts mit dem Hausärzteverband vernetzt unsere E-Rezept-Technologie zusammen mit der dazugehörenden App Hausarzt, Patienten und Apotheke bis hin zur Abrechnung. Der Arzt benutzt eine Software, mit der er elektronisch verschreibt und der Patientin oder dem Patienten einen QR-Rezeptcode sendet. Mittels dieses Codes können diese ihr Rezept per App, E-Mail oder als Ausdruck einlösen – sei es via Versand oder stationär. Die Kooperation mit KRY, dem führenden Telemedizinanbieter Europas, geht noch einen Schritt weiter: Patienten können über ihre App auf dem Smartphone einen Video-Kontakt zu einer Ärztin oder einem Arzt herstellen. Nach der Konsultation via Telefon können Letztere ein Rezept ausstellen und der Patientin oder dem Patienten digital auf die App senden. DocMorris ist als Apothekenpartner über einen nahtlosen Prozess in die KRY-App eingebunden.

Ihre Vision zielt allerdings bereits weiter: Zur Rose ist im Begriff, ein Gesundheitsökosystem aufbauen. Was muss man sich darunter vorstellen?
— Das Zur Rose-Ökosystem vernetzt verschiedene Angebote von Gesundheitsdienstleistern und schafft so einen Marktplatz. Heute sehen sich Patientinnen und Patienten einer Fülle von Gesundheitsangeboten gegenüber. Das macht es ihnen schwer, überhaupt geeignete Angebote zu finden. Unsere Leistung wird darin bestehen, alle Angebote digital zu vernetzen und mithilfe von künstlicher Intelligenz eine relevante Selektion vorzunehmen, sodass die Patienten sehr leicht die für sie richtige Auswahl treffen können. Letztlich führt dies dazu, dass sie ihre Gesundheit besser managen können. Man könnte auch von «Empowerment» der Patienten sprechen. Die Gesundheitsdienstleister erhalten andererseits die Möglichkeit, ihr Produktangebot und ihre Services auf einer offenen digitalen Plattform anzubieten, um sich so mit einem grossen Kreis von Patientinnen und Patienten zu verbinden.

«Es geht darum, den Patienten zu helfen, nicht nur gesund zu werden, sondern vor allem auch gesund zu bleiben.»

Welche Märkte kommen für einen solchen Marktplatz in frage?
— Unsere bedeutendsten Märkte sind die Schweiz und Deutschland. Entsprechend wollen wir das Marktplatzmodell als nächstes in diesen beiden Märkten lancieren – zunächst in Deutschland und in einem zweiten Schritt in der Schweiz. In Spanien und Frankreich betreiben wir bereits einen E-Commerce-Marktplatz für freiverkäufliche, apothekenübliche Produkte, über den die angeschlossenen Partnerapotheken den schnellen und investitionsarmen Zugang zum Onlineversand erhalten.

Kommen wir nochmals zurück auf Ihr Stichwort «Empowerment». Sie wollen die Patienten befähigen, ihre Gesundheit selbst zu managen. Was macht Sie so zuversichtlich, dass die Patienten dies auch tatsächlich wollen?
— Ich glaube, es entspricht einem generellen Trend, dass Patienten über ihre Diagnose und ihre Therapie Bescheid wissen wollen. Zum Beispiel, ob eine Anwendung oder ein vom Mediziner verschriebenes Medikament vielleicht Nebenwirkungen hat oder generell verträglich ist. Sie wollen eine Zweit- oder Drittmeinung einholen. Wir sind überzeugt, dass ein grosses Bedürfnis besteht, solche Informationen auf schnelle und einfache Art zu erhalten. Diese Wissensvermittlung wird dazu führen, dass Patientinnen und Patienten ein besseres Verständnis haben, und dies ist wiederum Grundlage dafür, dass Therapien und Medikationen eine bessere Wirkung erzielen. Es geht darum, dass die Patientin oder der Patient weiss, was er oder sie tut. Und es geht darum, ihnen zu helfen, nicht nur gesund zu werden, sondern vor allem auch gesund zu bleiben. Darin liegt der grosse Nutzen dieses Ansatzes.

Wagen wir zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft: Wo steht Zur Rose in fünf Jahren?
— Unsere Vision ist, dass Zur Rose in fünf Jahren die Gesundheitsplattform in Europa ist, auf der Patientinnen und Patienten alles bekommen, was sie rund um ihre Gesundheit benötigen. Wir möchten sie letztlich in die Lage versetzen, ihre Gesundheit so zu managen, dass sie zu gesünderen Menschen werden.